„Erst eine gemächliche Reise ist eine Reise“

von einem Ausflug nach Neustrelitz in die Historie

von Ellen


Diesem afrikanischen Sprichwort folgend, brach eine Gruppe ukrainischer Gäste am letzten Samstag zunächst mit einer „Stadtrundfahrt“ der Linie 3, einer halben Stunde Wartezeit auf dem Bahnhof Waren und dann mit der Regionalbahn nach Neustrelitz auf – also sehr gemächlich.

Trotz des 9€-Tickets war der Zug erträglich besetzt, sodass wir die Möglichkeit zu kleinen Gesprächen hatten. Ich erfuhr beispielsweise, welche großen Talente unsere ukrainischen Gastkinder haben:
ich sah ein Video mit selbstgebauten Puppenspielfiguren von Mascha und einzigartig gemalten
Bildern von Dascha.
So verging die Zugfahrt wie ein Katzensprung. In Neustrelitz angekommen, hieß unser eigentliches Ziel: Das Slawendorf, ein Erlebnisdorf am Zierker See.

Hier fand an jenem Wochenende ein Action-Event statt, das das historische Leben der Slawen in unserer Region widerspiegeln sollte, insbesondere die damaligen Marktbeziehungen nach Skandinavien, dem Frankenreich und den Osten.

Schön anzusehen waren die verschiedenen Vereine, die sich in ihrer Freizeit mit dieser Geschichte beschäftigen. Sehr authentisch wirkende Kostüme erfreuten unsere Augen, besonders als die historische Modenschau stattfand. Kinder und ihre Familien konnten die zahlreichen Kreativangebote vom Töpfern, Korbflechten, Filzen bis zum Schnitzen nutzen.

Mascha interessierte sich als Erstes für das Herstellen eines Messers aus Holz. Vorbereitete Rohlinge konnten die Kinder durch geduldiges Schleifen mit Sandpapier bearbeiten. Anschließend wurden Symbole und Namen in das Holz gebrannt und abschließend durch ein farbiges Band verziert. Mascha war mit ihrem Produkt sehr zufrieden, um das sie besonders die Jungen in der Jugendherberge beneiden würden.


Beim Specksteinschleifen entschlossen sich Katharina und Maria, einen Herzanhänger anzufertigen, der mit einem schönen Lederband zur Kette wurde.
Zwischendurch gab es männliches Kräftemessen im historischen Gewand zu sehen. Die Slawenfrauen hingegen zeigten, wie man mit Hilfe von Pflanzen Wolle färben, wie man mit einfachen Hilfsmitteln weben und spinnen oder Steine in Schmuckgegenstände verwandeln kann.
So konnten wir uns in eine Zeit versetzen, in der vor mehr als 1300 Jahren slawische Stämme, um die 50 sollen es gewesen sein – u.a. die Pommern, Wilsen, Obotriten – sich im Gebiet zwischen Oder und Elbe ansiedelten.

Geschichte erlebbar zu machen, bedeutet, sie uns heute bewusst werden zu lassen. Als an diesem Nachmittag u.a. davon gesprochen wurde, dass die Altvorderen unserer Region aktiven Handel bis nach Kiew führten, war das ein besonderes Gefühl. Vielleicht haben die damaligen Menschen auf ihren Handelswegen gen Osten genauso wie wir am Samstag zusammengesessen und gemeinsam etwas getrunken und gegessen, sich ausgetauscht. Garantiert nicht bei Kaffee und Kuchen – bei einem Becher Met könnte es schon gewesen sein…

Wahrzeichen der Stadt, der silbernen Strelitzie,

Gemächlich liefen wir dann quer durch Neustrelitz zum Bahnhof. Der Weg am Zierker See über die weiße Brücke entlang bis zum Hafen, vorbei am Wahrzeichen der Stadt, der silbernen Strelitzie, über den besonderen schiefen Markt, entlang der Residenzstadtarchitektur. So bekamen die ukrainischen Gäste noch einen kleinen Eindruck von der Stadt, von deren Flair sie sehr angetan waren.

Zugentspannt ging es zurück nach Waren. Ein Dankeschön an das verständnisvolle DRK-Team der Jugendherberge, das trotz der bahnbedingten Verspätung noch das Abendessen ermöglichte.